Generhaltung

für die gefährdete Rasse “Montafoner Steinschaf”

Ziel des Zuchtprogrammes ist die Erhaltung des Montafoner Steinschafes in seiner Ursprünglichkeit als Beitrag zur genetischen Vielfalt und entsprechend dem Grundanliegen der Biodiversitätskonvention.

Rassebeschreibung

Beim Montafoner Steinschaf oder Montafoner Schaf handelt es sich um einen autochthonen Reliktbestand der sich im hintersten Teil des Montafonertales (Vorarlberg) bis in jüngste Zeit halten konnte. Die Rasse steht im Zaupelschaf-Steinschaftypus. Es ist ein eher kleinrahmiges, sehr fruchtbares, alpines Landschaf mit dem für diese typischen, unten näher ausgeführten Exterieur und ausgesprochenen Geschlechtsmerkmalen.

Färbung

Es kommen sowohl reinfarbig weiße, schwarze, braune bis beige und graue sowie gefleckte Tiere vor. Als Hauptfarben gelten Weiß und Schwarz. Mit brauner Farbe wird ein von Geburt an braun pigmentiertes Tier bezeichnet. Im Gegensatz dazu färbt sich die Wolle der schwarz geborenen Tiere erst durch Sonneneinstrahlung in braun um. Häufig sind “Brillen” (pigmentierte Augen) und “Rehfärbige” (schwarze oder braune Tiere mit hellem Bauch). Einfärbige schwarze Tiere haben meist weiße Flecken am Kopf und Schwanz. Bei Weißen Tieren ist die Pigmentierung der unbewollten Körperstellen und Klauen erwünscht (Sonnenschutz, harte Klauen). Es soll die gesamte Vielfalt an Farbvarianten erhalten werden, wobei die graue Variante am ehesten zurückgedrängt werden kann, da sie nie sehr stark in Erscheinung getreten ist, und so eine Differenzierung zu den im Zuchtgebiet ebenfalls gehaltenen Tiroler Steinschafen und Heidschnucken ermöglicht wird.

Wolle

Die auffallend glänzende Mischwolle dient in erster Linien zum Witterungsschutz für das Schaf. Sie besteht aus grobem Grannenhaar, sehr feiner Unterwolle und Stichelhaaren. Männliche Tiere besitzen eine Mähne aus Grannenhaar an der Brust. Gesichtsfeld, Unterkiefer und Füße sind bei ausgewachsenen Tieren unbewollt.

Wollstärke: ca. 30 Mikromillimeter

Größe der Erwachsenen in cm: männlich weiblich
Widerristhöhe  55-70
Kreuzhöhe  60-75
Rumpflänge  62
Kopflänge  20-25
Brustumfang  65-80
Gewicht der Erwachsenen in kg:  50-70  35-55

 

Leistung und Charakterisierung

Hohe Fruchtbarkeit, asaisonales Brunstverhalten, leichte Ablammungen, problemlose Aufzucht sind die Stärken des Montafoner Steinschafes. Erstablammung ab 09 Monaten möglich. Zur besseren Entwicklung sollte mit der Belegung zugewartet werden. Mittlere Bemuskelung, stabiles Skelett; gesund und widerstandsfähig, anpassungsfähig, gutes Sozialverhalten, geländegängig, gute Wüchsigkeit und langlebig, guter Futterverwerter bei bescheidenen Futteransprüchen; so werden beispielsweise alte Brennesseln, Gehölz und Nadelholzzweige zuverlässig verbissen. Dies ist für die Offenhaltung von extensiven Hangwiesen besonders bedeutsam und verbilligt die Winterfütterung. In der körperlichen Entwicklung sind die Lämmer spätreif. Dies ermöglicht eine langsame Mast, flexible Wahl des Schlachtzeitpunktes und eine lange Nutzungsdauer der Mutterschafe. Durch die hervorragende Fleischqualität und die leichten Schlachtkörper eignet sich die Rasse für die Direktvermarktung von halben Lämmern und zur Selbstversorung.

Zuchtziel in Österreich

Erhaltung des ursprünglichen Typs. Angestrebt wird ein kleines, futterdankbares, robustes und langlebiges Schaf mit guter Fruchtbarkeit und problemlosen Ablammungen, hoher Aufzuchtleistung und guten Muttereigenschaften. Ein leichtes, tritt-sicheres und gebirgsgängiges Schaf mit harten Klauen, das geeignet ist, höchste Alpflächen und extreme Steilhänge zu nutzen. Hohe Wirtschaftlichkeit aufgrund der guten Futterverwertung, Anspruchslosigkeit und der Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten. Der natürlich proportionierte Körperbau mit eher mäßiger Bemuskelung ist für die Gebirgstauglichkeit und leichten Ablammungen bedeutsam. Durch die geringe Körpergröße ergeben sich Vorteile wie geringer Erhaltungsbedarf, feinfasrige Fleischstuktur und Erleichterung der Pflegearbeiten (Scheren und Klauen schneiden). Auf das Verfüttern von Kraftfutter sollte verzichtet werden. Färbung und Größe wie beschrieben; zu große Tiere sind von der Zucht auszuschließen.

Form

In beiden Geschlechtern sowohl hornlos als auch gehörnt; der Kopf des Bockes soll rassetypisch männlich, jener des Schafes ohne Ramsung und edel sein: Ober- und Unterkiefer gleich lang. Ohren kurz- bis mittellang, nicht hängend.

Körper

klein- bis mittelrahmig, harmonisch, robust, breit und tief mit straffer Oberlinie ohne Schulterschnürung und nicht zu stark abfallendem Becken; durchschnittlich bemuskelte Schultern und Schenkel; Gliedmaßen sehnig und leicht, parallel gestellt, Gelenke sehr trocken, Fesseln kräftig und mäßig entwickelt; Klauen hart und geschlossen, Gangart lebhaft, leicht und gerade; guter Wuchs und ausgesprochene Geschlechtsmerkmale (s. Kopf).

Euter

gute Milchleistung zur Lämmeraufzucht (gemolken werden die Schafe nicht).

Hoden

Deutlich ausgeprägt, Skrotum nicht unter die Höhe des Sprunggelenkes reichend. Schwanz: Bewollt, reicht über das Sprunggelenk, am Ende oft ein typischer Knick.

Charakter

Lebhaftes, zutrauliches Schaf mit guten Muttereigenschaften. Widder nicht aggressiv. Guter Instinkt für Alpung.
In Zukunft soll das Montafoner Steinschaf in Österreich in seinem Phänotyp und seinen ökologischen Leistungsmerkmalen erhalten bleiben, wobei auf eine möglichst große genetische Variabilität besonderes Augenmerk zu richten ist. In der Selektion wird daher neben den ge-nannten Exterieurmerkmalen auf ausgezeichnete Fitness, gute Fruchtbarkeit, möglichst mit Zwillingsgeburten, gute Leistungsfähigkeit hinsichtlich Geländegängigkeit, Robustheit und Landschaftspflegeeignung unter alpinen Bedingungen besonderer Wert gelegt.

Stand der Zucht im November 2008

Derzeit sind in Österreich ca. zwanzig Herdebuchzüchter als Mitglieder des Landeszuchtverbandes mit der Erhaltung des Montafoner Steinschafes beschäftigt. Im Herdebuch sind zur Zeit etwa 204 weibliche und 35 männliche Zuchttiere eingetragen. Die Aufzucht von Vollgeschwistern wird bei den männlichen Tieren vermieden.

Ab 01.01.2009 ist die Genotypisierung (über Geweprobe) für alle Zuchttiere verpflichtend.

Registrierung

Die Zuchttiere und deren Nachkommen sind registriert. Die Zuchttiere tragen eine Lebensnummer laut Tierkennzeichnungs-Verordnung der EU. Die Herdebuchzüchter sind zur Führung eines Stallbuches verpflichtet. Eine Erweiterung der genetischen Basis durch Elterntiere aus der Landeszucht von Nicht-Herdebuchbetrieben bedarf der genauen Begutachtung der in Frage stehenden Individuen nach Phänotyp durch Befugte der VO.

Es hat eine D N A ? Typisierung zu erfolgen und das Einverständnis der ÖNGENE ist einzuholen. Die Bewertung der Zuchttauglichkeit von potentiellen Vatertieren erfolgt bei Schafausstellungen. Das Herdebuch wird österreichweit mittels einheitlichem EDV-Programm SCHAZIE geführt. Die Betreuung des Montafoner Steinschafes nimmt der Vorarlberger Schafzuchtverband als Verantwortliche Organisation (VO) wahr.

Anpaarungsprogramm und Anpaarungsmanagement

Die Hauptaufgabe der züchterischen Arbeit besteht im Erreichen der oben genannten rassegemäßen Zuchtziele unter Sicherstellung einer möglichst hohen genetischen Variabilität. Da die Zuchtziele von Generhaltungsrassen im Unterschied zu modernen Leistungsrassen kaum geeignet erscheinen, mögliche negative Inzuchtfolgen zu kompensieren, muss der Inzuchtgrad möglichst gering gehalten werden. Das wird am besten erreicht durch hohe Anzahl und kurzfristigen Einsatz von Böcken sowie Vermeidung der Fortpflanzung von Vollbrüdern. Das Anpaarungsprogramm wird über das SCHAZIE vorgenommen, die Züchter erhalten entsprechende Anpaarungsempfehlungen und sind verpflichtet, die Anpaarungsempfehlungen einzuhalten. Es wird ein Inzuchtanstieg von weniger als 1 % pro Generation angestrebtAus dem Anpaarungsvorschlag muss der Inzuchtkoeffizient der zu erwartenden Nachkommen aus jeder einzelnen Anpaarung ersichtlich sein. (Der durchschnittliche Inzuchtkoeffizient der zuchtaktiven Population bildet die Basis für die Zuchtplanung. In Zukunft können Lämmer nur dann im Herdebuch registriert werden, wenn ihr Inzuchtkoeffizient nicht höher liegt als der durchschnittliche Inzuchtkoeffizient der zuchtaktiven Population plus einen von der VO festzulegenden Zuschlag). Bei den zentralen Bockkörungen werden Gewebeproben zur Abstammungssicherung genommen. Die Abstammungskontrollen werden bei allen Vatertieren väterlicherseits und mütterlicherseits durchgeführt.

Über die Landwirtschaftskammer (Abteilung Leistungskontrolle) sind Anpaarungsempfehlungen anzufordern.

Selektion

Die Selektion erfolgt dreistufig und nimmt in erster Linie auf die Erhaltung aller Blutlinien bedacht. Die große genetische Variabilität (alle Wollfarben und sowohl behornte als auch hornlose Tiere) ist erwünscht und soll erhalten werden.

  1. Der Züchter selektiert selbst seine für die Zucht vorgesehenen Lämmer.
  2. Die Aufnahme ins zentrale Herdebuch erfolgt bei ausschließlich rassetyischen männlichen Zuchttieren ab 9 Monaten bis 26 Monate; für weibliche Zuchttiere ab 6 Monaten bis 20 Monate, der Aufzuchtsindex (AI) muss mindestens 75 Punkte betragen, kann bei Vorliegen besonderer Gründe (z.B. genetische Varianz) aber auch unterschritten werden; die Exterieurbewertung für jedes der Merkmale Typ/Rahmen/Form/Fundament/Wolle muss von 9 möglichen Notenebenen mindestens die Note 4, also einen Notendurchschnitt von 20 erreichen. Um wenigstens die Zuchtwertklasse IIa zu erreichen, muss die Bewertung der Merkmale Typ/Rahmen/Form/Fundament/Wolle im Durchschnitt mindestens 25 betragen, die schlechteste Einzelnote darf nicht unter 5 liegen.

Voraussetzung für die Aufnahme in das zentrale Herdebuch ist außerdem eine ansprechende Zuchtkondition. Als Leistungserfassung werden die Parameter Aufzuchtsindex und Exterieurbewertung ermittelt.

Ex situ Konservierung

Das laufende Genreservenprogramm des Institutes für biologische Landwirtschaft in Wels wird seitens der Züchter unterstützt. Es wurden bisher fünf unverwandte Widder in Wels abgesamt. Geplant ist, dass von allen Ursprungslinien Sperma eingelagert wird.

Nachhaltige Nutzung

In situ-Erhaltung auf möglichst breiter genetischer Basis ist die adäquate Form, um alte alpine Schafrassen nachhaltig zu bewahren und gleichzeitig die biologische Vielfalt ihrer Lebensräume, den Alp- und Bergweiden, zu erhalten: die Unterstützung im Rahmen des ÖPUL bietet neben der Vermarktung von Schlachtlämmern und der besonderen Eignung zur extensiven Landschaftspflege ein wichtiges Standbein zur Erreichung dieser Ziele.